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Verrückte Zeiten: Ein Gründer berichtet

27.04.2020: Gründen in oder kurz vor der Corona-Zeit? An sich ist Gründen eine Herausforderung. Jetzt gerade nochmals mehr. Der folgende Gastbeitrag trägt Gedanken in sich, die sicher gerade viele haben. Gedanken, in Worte gefasst und niedergeschrieben. Als ehemaliger JWV-Geschäftsführer weiß Peter Flatscher wovon er im Jungunternehmertum spricht, und ist nun als Gründer genau in einer solchen Situation. Er möchte „ungeschönt zeigen, dass wir alle hin und wieder mal Angst haben. Dass das ok ist.“ Es geht aktuell darum, den Mut nicht zu verlieren und den Optimismus zu behalten. „Denn das können wir brauchen und ist alternativlos. Denn in jeder Krise steckt auch eine große Chance.“ 

Ein Gastbeitrag von Peter Flatscher (Erstellung des Textes am 23.04.2020)

Meine Erfahrungen als Gründer in der Corona-Krise

„Die Vorbereitungen sind weitestgehend abgeschlossen und die Gewerbeanmeldung im Februar erfolgt. Ich bin bereit zum Durchstarten und voller Vorfreude auf das Unternehmertum. Ein paar Wochen später tritt unser Bundeskanzler vor die Medien und verkündet die weitreichenden Maßnahmen im Kampf gegen das Corona-Virus. Österreich befindet sich im Lockdown. Die Welt geht gefühlt unter. What?!? Das geht jetzt nicht. Ich habe mir gerade den Traum vom eigenen Unternehmen erfüllt und muss raus. Raus um Partner zu treffen, Kundengespräche zu führen, Veranstaltungen zu besuchen und Projekte zu betreuen. Die Menschen in Österreich und der halben Welt können sich jetzt nicht in den eigenen vier Wänden einsperren! Doch, sie können und müssen. Ich glaub ich bin im falschen Film.

Die Achterbahnfahrt vor dem Start
Ganz ehrlich, zwischen dem ersten Gedanken an das eigene Unternehmen bis zum Sprung ins kalte Wasser liegt schon ein längerer Prozess mit vielen Ups and Downs. Bei mir war das zumindest so. Ich kann mich nicht mehr daran erinnern wann mir das erste Mal die Vorstellung Unternehmer zu sein durch den Kopf ging – so lange ist das her. Die Umsetzung? Erst viele Jahre später. Es ist wie ein Samen der zu keimen beginnt und langsam zu einer Pflanze heranwächst. Bis diese Pflanze irgendwann groß ist und tiefe wurzeln schlägt. Dann lässt dich der Gedanke nicht mehr los. Auch wenn Branche und Tätigkeit von Anfang an recht klar sind, ist das erst der Anfang. Es gibt noch so viele Details zu definieren und Fragen für sich zu beantworten. Erst danach habe ich begonnen diesen neuen Lebensabschnitt voll zu verinnerlichen. Leider hab ich das Buch Sei Pilot deines Lebens von Matthias Strolz etwas zu spät gelesen. Darin beschreibt er den Prozess ganz anschaulich. Ich kannte aber Otto Scharmer’s Theorie U und bin seit Jahren von Jungunternehmerinnen und Jungunternehmern umgeben. Ganz überrascht war ich also nicht. Trotzdem, es ist eine Achterbahnfahrt mit sich selbst. Unverständnis von nahe stehenden Menschen, reale und gedankliche Zwänge, der Blick zu möglichen Mitbewerbern oder viele “Ja, aber…”, die einen nachdenklich stimmen können. Auf der anderen Seite bestätigende Gespräche mit anderen Entrepreneuren oder potenziellen Kunden, die zahlreichen Marktchancen sowie die unbezahlbare Unterstützung durch Freunde und Familie. Am Ende waren es dann drei entscheidende Dinge: Erstens, die Idee etwas zu tun, das nicht für alle gut aussehen muss – das sich aber richtig anfühlt und meinen Stärken entspricht. Zweitens, Konsequenz in Vorbereitung und Umsetzung. Drittens, ein paar glückliche Umstände zur richtigen Zeit. Ich bin also sprungbereit.

Das Abenteuer trifft auf eine handfeste Krise
Das Abenteuer Unternehmensgründung beginnt. Wie ich mich auf die Reise freue. Von irgendeinem Virus am anderen Ende der Welt lass ich mir jetzt sicher nicht die Euphorie nehmen. Ok, Italien ist mittlerweile auch betroffen. Die ersten Fälle in Österreich werden bekannt – und plötzlich diese Pressekonferenz unserer Regierung. Ausnahmezustand. Das wird mir spätestens beim Einkauf während dieser Tage klar. Abenteuer ist gut, aber das ist zu viel des Guten. Neue Projekte? Die ersten Tage Fehlanzeige. Ich darf mich aber glücklich schätzen bereits eine Hand voll verlässliche Partner zu haben. Es schmerzt gleichzeitig mit anzusehen, wie schlimm es viele Kolleginnen und Kollegen erwischt hat. Tourismus, Gastronomie, Handel, Gewerbe und Handwerk…kaum eine Branche ist nicht betroffen. Und hohe Fixkosten wirken wie ein Brandbeschleuniger in dieser Zeit. Meine Gefühlslage wechselt sprunghaft zwischen Betroffenheit, Angst, Optimismus, Verärgerung und Klarheit. Betroffenheit über die vielen Unternehmen, denen von heute auf morgen die Existenzgrundlage genommen wurde und über die täglich steigenden Todeszahlen. Angst und Sorgen um die Gesundheit meiner Liebsten oder bei Gedanken an weltweite Horrorszenarien. Optimismus, weil die Menschen noch enger zusammenrücken, viele Unternehmen schnell innovative Vertriebswege gefunden haben und die Menschheit bisher jede Krise überstanden hat. Verärgerung über Unverbesserliche, Leugner, Populisten und manchmal einfach über diesen besch…Virus. Klarheit darüber was jetzt zu tun ist, die Situation annehmen und sich dort einbringen, wo man gebraucht wird. Es gilt mehr denn je demütig zu sein, sich an die Gegebenheiten anzupassen und einfach zu MACHEN. Schritt für Schritt. Ich mach für meine Kunden das, was ich am besten kann: Strategien zur Liquiditätssicherung entwickeln, die Kommunikation nach Innen und Außen stärken, Struktur in Maßnahmen bringen und gemeinsam nach neuen Geschäftschancen suchen.

Wie geht es weiter?
Für Systemtheoretiker müssen diese verrückten Zeiten wie gemalt sein. Für mich persönlich war Komplexität noch nie so anschaulich wie jetzt. Globale Teilsysteme wie Politik, Gesellschaft, Natur, Wirtschaft, Kultur und Wissenschaft sind eng verwoben. Klare Aussagen über Zusammenhänge oder Auswirkungen können schlichtweg nicht getroffen werden. Die Kolleginnen und Kollegen vom Zukunftsinstitut sehen die Chancen aber gut, dass wir nach der Krise eine Wirtschaft mit einem starken Wir-Gefühl und regionalen Netzwerken sehen werden. Unternehmen mit einem neuen Verständnis für Geschäftsmodelle sowie einer Kultur der Resilienz. Davor ist aber noch die Wissenschaft gefragt. Bis zur Entwicklung eines Impfstoffs sind wir alle irgendwie nur Beifahrer. Umso wichtiger ist es jetzt das zu beeinflussen, was wir selbst beeinflussen können – unser Denken und Handeln. Ein Gedanke, der mich seit Beginn des Lockdowns nicht los lässt: Wenn jeder auf den jeweils anderen wartet, warten alle und es passiert gar nichts. Das positive Signal, das wir jetzt mit jedem Gespräch, jeder Anfrage, jedem Projekt oder jedem noch so kleinen Auftrag nach Innen und Außen senden ist unbezahlbar. Das ist im Kern wohl auch das, was mich seit meinem Berufseinstieg an unternehmerischen Persönlichkeiten so fasziniert hat – dieser unbändige Optimismus und Gestaltungsdrang. Das dürfen wir uns nicht nehmen lassen. Es gilt Erfahrung und Know-how einzusetzen um unter neuen Vorzeichen zu gestalten. Das Letzte was die Welt jetzt brauchen kann sind zu viele Unternehmerinnen und Unternehmer in Schockstarre.

Verrückte Zeiten, ohne Zweifel. Ich persönlich glaube aber fest daran, dass uns dieses stürmische Umfeld auch Räume zur positiven Weiterentwicklung öffnet. Mit Fokus, Struktur und Tatendrang schaffen wir das – gemeinsam.“

Hier gibt es den Originaltext.